Vertical Farming made in Germany: DLR entwickelt modulares System für die Pflanzenzucht im Hochhaus
Der Trend der Urbanisierung hält weiter an, denn immer mehr Menschen zieht es in die großen Städte und Ballungszentren. Immer mehr Menschen leben dort konzentriert auf geringer Fläche, entsprechend hoch ist auch der Bedarf Lebensmitteln. Ackerflächen mitten in der Stadt, direkt vor Ort, gibt es längst nicht mehr – stattdessen werden die Lebensmittel über weite Strecken hin zum Verbraucher transportiert. Effektiv und nachhaltig ist das nicht!

Salatzucht im Eden-Labor für die Raumfahrt (Foto: Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) )
Aber mit der „Vertical Farm 2.0“, die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit internationalen Partnern entworfen haben, wäre Pflanzenanbau in Großstädten zukünftig möglich – auf mehreren Etagen, mit extrem kurzen Transportwegen und ganz ohne Ackerboden. Salat, Tomaten, Gurken und Kräuter könnten dabei das gesamte Jahr über gezüchtet und geerntet werden. Einen Unterschied zum natürlich gezüchteten Gemüse soll es nicht geben, außer dass in der vollumfassen kontrollierte Zucht keine Schadstoffe aus der Umwelt die Pflanzen und Früchte belasten.
Das Konzept des DLR sieht vor, dass pro Stockwerk innerhalb eines Jahres fast 630 000 Kilogramm Salat oder über 95 000 Kilogramm Tomaten gezüchtet werden könnten. Dabei würde die Grundfläche des Gewächshauses lediglich 74 mal 35 Meter in Anspruch nehmen. Auf jeder etwa sechs Meter hohen Etage könnte das Gemüse je nach Pflanze auf verschiedenen Regal-Ebenen wachsen, so dass pro Stockwerk 5000 Quadratmeter Anbaufläche für Salat oder 1700 Quadratmeter Fläche für Tomaten entstehen. Versorgt würden die Pflanzen mit exakt dosierter Nährstofflösung und LED-Licht. Erkenntnisse für ein optimales Bewässerung- und Anbaukonzept liefern die Forschungsarbeiten aus dem Bereich der Raumfahrt, bei der es um die Langzeitversorgung von Astronauten bspw. auf dem Flug zum Mars geht.

Vertical Farming: Modellentwurf der Pflanzenzucht auf mehreren Etagen (Foto: Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) )
Neben den vier geplanten Etagen für die Pflanzenkultivierung ist ebenfalls ein Logistikzentrum in der untersten Ebene angedacht, das die Verwaltung sowie die Kühlräume für eine mehrtägige Lagerung beherbergt. Im Inneren des Gebäudes, im sogenannten Kern, würde Technik wie Aufzüge oder Tanks untergebracht werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der modulare Aufbau der Vertical Farm, sodass es an die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Standorts angepasst werden kann, so Projektleiter Conrad Zeidler vom DLR. So sollen beispielsweise an Orten mit einem hohen Bedarf an Tomaten auch entsprechend mehr Tomaten gezüchtet werden, um so den Wünschen der Verbraucher mühelos zu entsprechen.
Gleich bleibt jedoch immer das Prinzip, dass Parameter wie Luftfeuchtigkeit, Licht oder auch Nährstoffe optimal eingestellt werden. Denn damit kann das Wachstum der Pflanzen optimal gesteuert werden und selbst der Geschmack kann durch die Einstellung der Parameter beeinflusst werden. Die Vertical Farm ist ein in sich geschlossener, von der Außenwelt unbeeinflusster Kreislauf, sodass auch keine Pestizide und chemischen Insektizide erforderlich sind. Das verwendete Wasser wird in einen Kreislauf eingespeist und kann so sparsam verwendet werden. Mit einem solchen in sich geschlossenen Gewächshaus auf mehreren Etagen machen sich die Wissenschaftler auch von Wetter und Jahreszeit unabhängig.
Die größte Herausforderung ist zurzeit noch der hohe Energieaufwand, den die LED-Leuchten verursachen, doch Conrad Zeidler ist sich da sicher, dass durch die Weiterentwicklung der LED-Technik auch dieses Problem zukünftig in den Griff zu bekommen ist. Das wäre auf jeden Fall wünschenswert, denn die Einsatzgebiete für eine „Vertical Farm“ sind vielfältig und bieten damit viele Lösungen für die Zukunft. Denn nicht nur in der Stadt. Sondern auch in der Wüste oder in Gebiete mit sehr tiefen Temperaturen, die Vertical Farm bietet hier eine vielversprechende Alternative zur konventionellen Landwirtschaft.
Quelle und weiterführende Informationen: Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt